Neue Volksmusik
Das Musik-Genre Neue Volksmusik (manchmal auch Volxmusik oder Tradimix[1]) bezeichnet eine Verbindung von Elementen der Volksmusik mit Jazz, Folk, Electronic music, Rock und anderen Musikstilen. Es ist ein Subgenre der Weltmusik und stellt eine Form des Crossover dar. In den Programmen von Musikfestivals der Neuen Volksmusik befinden sich u. a. traditionelle Volksmusik, Folk und Weltmusik. Die Neue Volksmusik ist zu unterscheiden von der volkstümlichen Musik.
Musikstil
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Neue Volksmusik wurde überwiegend von jungen Musikern geschaffen, die einerseits mit zeitgenössischer Musik in all ihren Spielarten (Pop, Rock, elektronische Musik, Weltmusik u. v. a.) und zugleich der traditionellen Musik ihrer Region aufgewachsen waren. Es entstanden dabei verschiedene Ansätze, wie die durch Radio und Fernsehen vermittelten, meist angloamerikanischen Rock- und Popstile mit den regionalen Traditionen verbunden wurden. Eine Rolle hierbei spielten die verschiedenen neuen sozialen Bewegungen wie Umwelt-, Anti-Atomkraft- und Friedensbewegung in den 1970er- und 1980er-Jahren. Ein anderes Element der Neuen Volksmusik ist die Abgrenzung gegenüber der volkstümlichen Musik und dem volkstümlichen Schlager.
Letztlich geht es nicht um die Erhaltung und Neuinterpretation des traditionellen Repertoires, sondern um dessen Weiterentwicklung. Dabei ahmen die Texte die Volkspoetik nicht nach, sie füllen sie vielmehr mit neuen Inhalten bei einem authentischen Wortschatz und einer erweiterten Ausdrucksform.[2]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Frühe, aus dem südlichen deutschen Sprachraum kommende Wegbereiter der späteren Neuen Volksmusik waren in den 1970er Jahren, zusammengefasst unter dem Begriff Alpenrock, unter anderen der Tiroler Komponist Werner Pirchner (seit 1973) der Liedermacher Fredl Fesl und die Biermösl Blosn (seit 1976). Eine der ersten Gruppen, die mit bairischen Texten und einem Crossover aus Volksmusik und Pop ein großes Publikum erreichten, war Haindling. Unter den ersten Interpreten, der Blues mit bayrischen Songtexten verband, war Willy Michl. Joy Fleming sang Jazz und Blues mit Texten in Mannheimer Mundart, und Christine Lauterburg jodelte crossover. In Österreich gilt Gerhard Bronners Lied Wie a Glock’n (1970) als Initialzündung für den Austropop und die österreichische Dialektwelle der 1970er Jahre. Die Musik zu dem Lied stammte von Hans Salomon und war die Titelmelodie von Bronners satirischer Fernsehsendung Die große Glocke. Bronner schrieb den Text für Marianne Mendt, die mit der Interpretation ihren künstlerischen Durchbruch hatte.
Unter den experimentierfreudigeren Bands der Neuen Volksmusik sind Attwenger zu nennen, die 1992 bekannt wurden. Im selben Jahr begann auch der kommerzielle Erfolg von Hubert von Goisern und seinen Alpinkatzen, der auch dem Genre insgesamt neue Popularität bescherte. 1993 fand das erste Schräg-Dahoam-Festival in München statt, 1995 das Gratwanderung-Festival in Piesendorf (Pinzgau, Salzburg). Auch in Nachbarländern wie der Slowakei gibt es derartige Ansätze, die dort von Vladimír Merta, Iva Bittová und Zuzana Lapčíková vorangetrieben werden.[2]
Interpreten (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Aniada a Noar (traditionell bis ethno)
- Attwenger (experimentell)
- Ausseer Hardbradler (Rock/Rap/Reggae)
- Bairisch Diatonischer Jodelwahnsinn
- Biermösl Blosn (klassische Volksmusik und Gstanzl mit kabarettistischen, meist politischen Texten)
- Bluatschink (Pop-Rock)
- Blues Lick (Singer-Songwriter/Folk/Blues)
- Broadlahn (Jazz/Ethno)
- Bube Dame König (Folk trifft Volkslied)
- Christina Zurbrügg (Ethno/Pop/Jodeln)
- Daniel Thürler (Schwyzerörgeli)
- Da Huawa, da Meier und I
- De Krippelkiefern (aus dem Erzgebirge)
- DeSchoWieda
- Die Bayrischen Löwen
- Die Cuba Boarischen (bayerische Volksmusik mit kubanischen Salsa-Rhythmen)
- Dorfrocker
- Die Knödel
- Die Seer (Pop/Schlager)
- Django 3000 (Sinti-Swing)
- Extremschrammeln (Wienerlied)
- Fäaschtbänkler (Ostschweiz)
- Fredl Fesl
- Gankino Circus
- Georg Ringsgwandl
- Global Kryner (im Stil der Oberkrainer interpretierte Welthits)
- Hubert von Goisern (Rock/Ethno)
- Haindling (Pop/Ethno)
- Heigeign
- Herbert Pixner Projekt
- Herrn Stumpfes Zieh & Zupf Kapelle (schwäbische "skrupellose Hausmusik", oft Popklassiker neu betextet)
- Holstuonarmusigbigbandclub (Pop/Reggae/Ethno)
- IRISHsteirisch
- Jimmy Flitz (Berner Mundartkapelle)
- Kellerkommando (fränkische Volksmusik und Rap)
- Kofelgschroa
- LaBrassBanda (Blasmusik mit Balkan-Punk-Einflüssen)
- Lanzinger Trio (moderne Volksmusik, Jazz, Pop, Rock)
- Willy Michl
- Netnakisum
- Poxrucker Sisters
- Powerkryner (Pop/Oberkrainer Folklore/Ska/Dancefloor)
- Querschläger
- Roland Zoss (Rock/Reggae/Kinderlied)
- Schariwari
- Schwoißfuaß
- Sparifankal
- Stemmeisen & Zündschnur
- Stimmhorn (Alphorn und Obertongesang)
- Stubnblues (Volkslieder)
- Titlá (Südtirol)
- Trio Lepschi
- Troglauer Buam
- Unterbiberger Hofmusik
- Wellküren
- Wiener Tschuschenkapelle (südosteuropäische Musik/Weltmusik)
- Zabine (Pop/Electro/Rap/Reggae)
- Zither Manä
Festivals der Neuen Volksmusik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- wean hean
- aufhOHRchen in Niederösterreich
- drumherum in Regen
- Antistadl in Bamberg
- Heiden Festival in Heiden AR
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Barbara Boisits: Neue Volksmusik. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3045-7.
- Hermann Fritz: Neue Volksmusik? Stilmischung zwischen Kleinkunst und Kommerz. In: Walter Deutsch: Weg und Raum. Sommerakademie Volkskultur 1994. Österr. Volksliedwerk, Wien 1995, ISBN 3-901490-01-0.
- Christian Seiler (Hrsg.): Schräg dahoam. Zur Zukunft der Volksmusik. Hannibal, St. Andrä-Wördern 1995, ISBN 3-85445-110-5.
- Michael Huber: Hubert von Goisern und die Musikindustrie. Institut für Musiksoziologie, Wien 2001, ISBN 3-9501301-5-2.
- Andreas Safer: Folk & Volxmusik in der Steiermark. Weishaupt, Gnas 1999, ISBN 3-7059-0051-X.
- Josef Schnedl: Von Sturköpfen, großen Söhnen und neuen Tönen... Die Neue Volxmusik. Blickpunkt: Steiermark. Weishaupt, Gnas 2008, ISBN 978-3-7059-0281-7.
- Dieter Ringli; Johannes Rühl: Die Neue Volksmusik. Siebzehn Porträts und eine Spurensuche in der Schweiz. Zürich, Chronos, 2015
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ br.de: BR Heimat – Tradimix & Liedermacher: Die Sendung für experimentierfreudige Volksmusikfreunde ( vom 5. März 2017 im Internet Archive)
- ↑ a b Petr Karlovsky: Tanztheaterstück "Balady" von Zuzana Lapčíková und Hana Litterová. karlovsky.net, Dezember 2009, abgerufen am 18. September 2021.